15.06.23 zurück

Der Wandel vom analogen Film zur digitalen Simulation

Im digitalen Zeitalter werden die Farben nicht mehr über Filme, sondern über den Sensor aufgenommen. Die Kamerahersteller mussten sich dieses Know-how zuerst aneignen und diese Filmkompetenz über Jahre weiterentwickeln.
Fujifilm hatte da einen Vorteil: Kameras und Filme wurden seit jeher vom gleichen Unternehmen hergestellt. Die Filmkompetenz konnte so direkt vom analogen in das digitale Zeitalter transferiert werden.
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Vom analogen Film zur digitalen Filmsimulation

In der analogen Zeit waren Kameras mechanisch präzise Werkzeuge, die mit qualitativ hochstehender Optik ein Bild zu erfassen vermochten, allerdings ganz ohne Farbkompetenz. Die Farbkompetenz kam von den Filmherstellern wie Kodak, Agfa, Ilford oder eben Fujifilm.

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Die Kameras des digitalen Zeitalters haben bis auf wenige Bedienelemente keine mechanischen Bauteile mehr. Es sind kleine Computer mit hoher Rechenleistung. Die Farben werden nicht mehr über Filme, sondern über den Sensor aufgenommen. Die Kamerahersteller mussten sich dieses Know-how zuerst aneignen oder einkaufen und diese Farbkompetenz über Jahre in ihren Sensoren einbauen und immerzu weiterentwickeln.

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Fujifilm hatte schon zu Beginn des digitalen Zeitalters einen matchentscheidenden Vorteil: Kameras und Filme wurden seit jeher vom gleichen Unternehmen hergestellt. Es brauchte keinen langjährigen Know-how-Transfer: Die Farbkompetenz wurde direkt vom analogen in das digitale Zeitalter transferiert. Dafür wurden mit ehemaligen Mitarbeitern des analogen Zeitalters und Spezialisten der digitalen Technologie ein neues Team gegründet.

Fujifilm ist unter anderem im analogen Zeitalter mit der Herstellung von Kleinbild sowie Mittel- als auch Grossformatfilmen gross geworden. Fujifilm konnte daher das Technologie-Know-how der Farbwiedergabe und der Eigenschaften, bei allen Formaten, die sich auf das fertige Foto auswirken, über den Analogfilm direkt auf die digitale Technologie übertragen – oder anders gesagt:  Die aktuellen Filmsimulationen simulieren die damaligen Analogfilme.

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Diesen Vorsprung hat Fujifilm genutzt und hat so in der digitalen Fotografie bezüglich Farbkompetenz bis heute eine Vorreiterrolle einnehmen können.

Datenhandling – Wie geht das mit den Farben?

JPG

Mit jeder Digitalkamera können fertige Fotos in JPG aufgenommen werden. JPEG (Joint Photographic Experts Group) ist ein verlustbehaftetes Kompressionsformat für digitale Bilder. Es kann bis zu 16,7 Millionen Farben darstellen (8 Bit pro Farbkanal), was für die meisten Anwendungsfälle ausreichend ist.

Fujifilm hat dafür rund zwanzig Filmsimulationen in ihren Kameras verbaut, die je nach Motiv, Aufgabe und erwünschtem Resultat individuell angewählt werden können.

Die Filmsimulationen von Fujifilm sind keine Filter, die sich einfach über ein Bild legen. Je nach Look der Simulation werden die Daten im kameraeigenen Prozessor unterschiedlich verarbeitet und erzeugen damit einen analogen Film-Look. Wird eine Filmsimulation im Nachgang auf ein RAW angewendet, wird das Bild nicht gleich daherkommen, wie wenn das Bild mit dieser Simulation fotografiert wurde.

Die fertigen Bilder mit einer Filmsimulation von Fujifilm entsprechen dem Ergebnis einer nachträglich professionellen und perfekten Bildverarbeitung auf dem Rechner. Angemerkt sei hier, dass viele Pressebildagenturen (z.B. Reuters, AP etc.) schon seit einiger Zeit nur noch in JPG aufgenommene Bilder annehmen und vermarkten. Die Pressebildagenturen wollen damit nicht nur einer möglichen, nachträglichen Bildmanipulation einen Riegel schieben, JPEG-Dateien lassen sich auch viel schneller und einfacher an Kunden ausliefern.

RAW

Viele Kamerahersteller werden allerdings mit ihren integrierten Farbsimulationen für fertige JPG-Bilder den Ansprüchen ambitionierter Fotografen und Profis nicht gerecht. Diese fotografieren deshalb nur in RAW (I shoot RAW, never JPG!).

Bei Fotos, die in RAW aufgenommen werden, wird der Sensorinhalt weitgehend unkomprimiert abgespeichert und in eine Datei umgewandelt. Jeder Hersteller hat hier seine Präferenzen für Farben, Tonalität und Kontraste für die Auslesung dieser Daten – RAW ist damit nicht gleich RAW, RAW ist bei jedem Hersteller anders.

Die in der Kamera integrierte Bildverarbeitung belässt Farben, Licht und Schatten so, wie sie aufgenommen wurden und interpretiert sie nicht, wie die Filmsimulation das für ein fertiges JPG-Bild macht.

Bei Bildern, die in RAW aufgenommen wurden, müssen die Rohdaten anschliessend auf einem Rechner mit einer entsprechenden Bildverarbeitungs-Software überarbeitet und erst danach für eine produktive Nutzung in ein Endformat wie JPG konvertiert werden.

HEIF

HEIF (High Efficiency Image Format) ist ein Bildformat, das im Vergleich zu JPEG eine höhere Effizienz bei der Speicherung von Bildern aufweist und eine größere Anzahl von Farben unterstützt.

Im Gegensatz dazu bietet HEIF eine höhere Farbtiefe, was theoretisch bis zu 281.474.976.710.656 (also rund 281 Billionen) mögliche Farben ermöglicht. HEIF verwendet auch einen grösseren Farbraum als JPEG, was bedeutet, dass es mehr Farbtöne darstellen kann, die für das menschliche Auge sichtbar sind.

Zusätzlich zu einer höheren Farbtiefe und einem grösseren Farbraum bietet HEIF auch andere Vorteile wie eine höhere Komprimierungseffizienz, die Möglichkeit, mehrere Bilder und Metadaten in einer Datei zu speichern.

Zusammengefasst:

Die Fujifilm-Kameras X-T5, X-H2, X-H2S und X-Pro2 und 3 verfügen über zwei Speicherkartenslots. Damit lässt sich praktisch und einfach mit der gewünschten Filmsimulation im JPG-Format (oder HEIF) fotografieren und die Bilder als Backup auf der zweiten SD-Karte abspeichern (resp. CF Express bei den neusten Modellen der H-Serie).

Das hat wesentliche Vorteile: Mit den JPGs hat man bereits sofort fertige Bilder in perfekter Qualität zur Verfügung – und die als Backup gespeicherten Bilder in RAW lassen sich nachträglich auf dem Rechner individuell nachbearbeiten – das ist dann wie früher in der analogen Zeit: Das Rohdatenformat RAW ist wie ein Negativ, das zuerst entwickelt werden muss. Ebenso möglich wäre es, ein Bild aus dem RAW-Backup mit einer anderen Filmsimulation in ein JPG umzuwandeln als man es zuvor aufgenommen hat.

Mit den neuen Modellen von Fujifilm, wie die H2 H2s und der X-T5, lassen sich Fotos auch in HEIF aufnehmen. Auch hier wird der Grundsatz, out of camera verfolgt. Nur besitzen Bilder da eine Farbtiefe von 10BIT statt 8BIT. Das klingt zuerst mal nach nicht sehr viel, bedeutet aber eine exponentielle Zunahme der Farben.

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fujifilm Filmsimulationen

Aus den knapp zwanzig Filmsimulationen lassen sich sowohl Negativ- wie Positiv-Filme auswählen:

Mit Fujifilm-Kameras können auch bestehende Filmsimulationen modifiziert werden. Auf Webseiten wie Fuji X-Weekly finden sich unzählige Rezepte, um auch andere Analog-Filme möglichst authentisch darstellen zu können.

Hier eine Auswahl aus den Fujifilm-Filmsimualtionen:

PROVIA

Provia – Std

Filmsimulation für alle Fotogenres, besonders geeignet für Szenen mit Farben, die dezent und neutral dargestellt werden sollten.

Beispiele:

VELVIA

Velvia – V

Der Velvia ist ähnlich wie der Provia, aber viel kontrastreicher und saturierter. Es gab ihn als Velvia 100 und 50. Der Velvia100 war nicht sehr beliebt, da er bei einer langen Belichtungszeit mit dem Schwarzschildeffekt zu kämpfen hatte.

Die Simulation eignet sich für Landschaft und Natur, hat einen grossen Kontrast, tiefes Schwarz, Buntheit, ist aber nicht gedacht für Porträts.

Beispiele:

ASTIA

Astia – S

Die digitale Filmsimulation Astia stammt von dem gleichnamigen analogen Farbdiafilm Astia 100 ab. Der Bildstil ist besonders geeignet für Porträts, da er die Gesichtsfarbe unterstützt. Dieser sehr farbenreiche und kontrastärmere Filmmodus bedeutet ein intensives Bildaussehen für Natur und vor allem für Porträt. Der Astia war auch ein DIA-Film. Er eignet sich besonders für Babyfotos mit subtilen Farben, immer noch kräftig, ähnlich wie Provia aber weniger kontrastreich.

Beispiele:

«Die Filmsimulation ist für Beautyshots eine tolle Option, um das Model und die Haut vorteilhaft wirken zu lassen. Ich habe mich entschieden, das Astia Preset während des Shootings mit Celine zu verwenden, da es ihre natürliche Schönheit unterstreicht.»

C C

Classic Crome – Cc

Diese Simulation hat subtilere Farben als Provia, Velvia oder Astia. Etwas weniger Kontrast als Velvia, aber mehr als Provia. Kühler Look. Viele Fotografen lieben Classic Chrome, weil er Formen und Kontraste mehr betont, die Farben weniger.

Classic Chrome war eigentlich kein FIlm, es war viel mehr ein Prozess auf Hochglanzpapier. Ideal für warme Farben, die Eleganz ausstrahlen. Unterstützt den Glanz von Whisky-Farben, Mahagony etc.

Geeignet für Reportage, Street. Wenn Farben ablenken, ist diese Filmsimulation eine Alternative, mit kühlem, nostalgischem Look.

Beispiele:

«Der unaufgeregte Look von Classic Chrome ist meine absolute Lieblingsfilmsimulation von Fujifilm. Auf meinen Kameras ist immer Classic Chrome als „go to“ Filmsimulation eingestellt. Der analoge Look dieser Simulation und das ruhige Farbbild gibt für mich die besten Bildresultate. Speziell wenn es um Bilder in Farbe geht.»

NEG H

Pro Neg. High – Nh

Dieser Film ist eine Alternative zu Astia und zeigt besonders realistische Hauttöne. Allerdings mit weniger Sättigung als Astia und geringerem Kontrast als Provia. Das tut der Haut und dem Porträt sehr gut.

Neg High war der professionelle Umkehrfilm von Fujifilm, also einer der die Farben sehr gut darstellte, im Prinzip das Pendant zum Provia. mit Korn und doch etwas sanfteren Übergängen. Bildet die Farbe Grün sehr neutral dar.

Beispiele:

«Das Preset Pro Neg High ist eine großartige Simulation für kontrastreiche Szenen. Dank dieser Funktion kann ich die Bilder direkt zuschneiden und verwenden, ohne weitere Anpassungen vornehmen zu müssen.»

NEG S

Pro Neg. Std – Ns

Der neutralste Filmstil bei Fujifilm. Flacher Kontrast, gedämpfte Farben, und hoher Tonwertumfang. JPGs kann man auf diese Art am besten weiterbearbeiten, da noch alle Informationen enthalten sind.

Pro Neg Std war der professionelle Umkehrfilm von Fujifilm, einer der die Farben sehr gut darstellte. Eigentlich das Pendant zum Provia, mit Korn und doch etwas sanfteren Übergängen. Er bildet die Farbe Grün sehr neutral dar. Im Vergleich zum HIGH steuert der Pro Neg die Tiefen und Lichter besser. Geeignet für Studio, Porträt – neutralster Film.

NEG C

Classic Neg. – NC

Diese Simulation bietet eine verbesserte Farbe mit harter Tonalität zur Erhöhung der Bildtiefe – kontrastreich und gedämpft.

Geeignet für Fotokunst, Reportage, Street, Porträt, Architektur.

Die Filmsimulation Classic Negative wurde 2019 zur neuen X-Pro3 (X-Trans-3-Generation) hinzugefügt. Sie lässt sich allerdings auch nachträglich den Kameras X-Pro3, X-T3 und X-T30 in C1 im RAW hinzufügen. Der Bildstil Classic Negative ähnelt der analogen Filmsorte Fujifilm Superia. Die digitale Simulation betont die Dreidimensionalität.

Beispiele:

NostalgicNeg

Nostalgic Neg. – Nn

Simulation für kräftige Schattentöne und Nuancen von Bernstein (Amber) in den Lichtern – schön für den Look historischer Fotoabzüge. Eine geeignete Simulation für Familienfotos, Fotokunst, Reportage, Street, Porträt – erinnert an den Look der 70er Jahre von Fotografen wie William Eggleston, Stephen Shore, Joel Sternfeld und Richard Misrach.

Beispiele:

EETERNA

Eterna / Kino – E

Eine Simulation für Videos. Liefert wenig Kontrast und Sättigung, die man in der Post-Produktion mit LUTs hinzufügen möchte. Nicht fertig, aber gut zu bearbeiten.

Alle Videos für Kino-Look (kann gut bearbeitet werden).

Beispiele:

EETERNA BB

Eterna Bleach Bypass – Eb

Eine gegenteilige Simulation von Velvia, was die Farbe angeht. Eterna Bleach Bypass ist entsättigt. Dieser Filmsimulationsmodus wendet einen Bleach-Bypass-Look (Prozess während der Entwicklung des Filmes) auf den ETERNA-Modus an. Sie bietet dadurch harte Kontraste, ähnlich wie Velvia. Angeblich für Video entwickelt, eignet sich auch für Fotos.

Einsatzbereiche: Reportage, Street, Portät, Architektur, Rost, alte Objekte/Materialien.

Beispiele:

ACROS

Acros + (Y/R/G) – A

Die schwarzweisse Simulation Acros ist der einzige Filmstil, der in JPG anders aussieht als in RAW. Bei der JPG-Ausgabe wird ein Filmkorn hinzugefügt im RAW nicht. Filmkorn wird aus dem Rauschen generiert und ist abhängig von der ISO-Zahl (Ist aber ein komplett anderes Rendering).
Der analoge Acros-Film war sehr begehrt unter S/W-Fotograf:innen. Viele haben deshalb die digitalen Fujifilm-Kameras gekauft, weil dieser Film digital simuliert wird. Acros bietet einen kinoähnlichen Look. Die virtuellen Filter (Y/R/G = Gelb/Rot/Grün) wirken aufhellend für die entsprechende Farbe (Farboriginal / in Grautöne gewandelt) und abdunkelnd für die Komplementärfarbe (Gelb/Violett, Rot/Grün, Grün/Rot).

Acros eignet sich besonders für Porträt, Akt, Street, Landschaft, Architektur und Reportage.

Beispiele:

«Kräftiges, kontrastreiches Schwarz-Weiss, Filmgrain und ein starker Look machen Acros für mich die ideale Lösung wenn ohne viel Postprocessing visuell kräftige Schwarz-Weiss Bilder entstehen sollen. Auch hier begeistert das analoge Feeling. Eine Qualität die nicht nur die Fujifilm Kameras haben sondern auch die Filmsimulationen die ergänzend noch mehr Film-Feeling in die Bilder bringen.»

MONO

Schwarz/Weiss + (Y/R/G) – B

Die Simulation bietet ein sehr neutrales Monochrom, ist aber längst nicht so interessant wie Acros. Es lassen sich drei Filter zusätzlich auswählen: Y-Gelb / R-Rot / G-Grün. Jeder Filter wandelt die Farben anders in Schwarz/Weiss. Für Porträts kann der Rotfilter schmeichelhaft sein.

Geeignet für Porträts, Kontraste, Geometrien, Strukturen.

SEPIA

Sepia – Sepia

Wirkt altmodisch, wie analoger Schwarzweissfilm, der noch gefärbt wurde.

Für Motive, die auf alt gemacht werden wollen. Dieser Look kann auch nachträglich in der Bildbearbeitung gemacht werden.

Mit den hier beschriebenen Filmsimulationen lasse sich auch jede andere Art von Filmen «nachbauen» – mit der richtigen Rezeptur. Wie zum Beispiel den NATURA 1600, der damals nur in Japan und Australien verkauft wurde und heute heiss gesucht wird. Ein Film, der eine gewisse Mystik mit reduzierten Farben zeigt. Ebenso nachstellen lassen sich alle Filme von Mitbewerbern (Kodak, Agfa, Cine Still etc.).

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