08.10.21 zurück

THE UNSEEN – Carte Blanche Edition mit Martin Mägli

THE UNSEEN, unser viertes und bisher umfangreichste Carte Blanche-Projekt, widmet sich der Beziehung zwischen Schweizer Landschaften und der Welt der Fotografie. Der Landschafts- und Naturfotograf Martin Mägli widmete sich dazu einem Motiv, das auf den ersten Blick alltäglich erscheint. Doch gerade diese uns vertrauten Landschaften gewinnen umso mehr an Besonderheit, wenn wir sie aus ungesehenen Blickwinkeln betrachten. Denn sind es nicht nur die Motive grosser Emotionen, die uns inspirieren, sondern gerade auch die kleinen, besonderen Situationen in vertrauter Umgebung, wenn wir sie aus ungesehenen Blickwinkeln betrachten. Eine Ode an die Schweizer Wälder.
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Martin, unter dem Titel THE UNSEEN hast du dich der Beziehung zwischen unseren natürlichen Umgebungen und der Welt der Fotografie gewidmet. Was betrachten wir?

Mir war es wichtig, ein Thema zu finden, das nicht ferne Motive zeigt, sondern etwas Alltägliches. Auf den ersten Blick sind dies vielleicht gewöhnliche Motive, Baumarten wie den Birkenwald, den wir alle kennen. Doch gerade diese normalen Wälder zeigen, dass es sich lohnt, genauer hinzusehen. Es sind diese ungesehenen Blickwinkeln, die ich festhalten wollte.

Kannst du uns erzählen, wie du vorgegangen bist? Wie wurden die Motive ausgewählt?

Als ich mich für Waldbilder entscheiden hatte, wusste ich genau, wo ich die Bilder machen wollte. Da ich schon viele Jahre als Natur- und Landschaftsfotograf in der Schweiz unterwegs bin, kenne ich die Wälder mittlerweile sehr gut. Meist war das Bild bereits visualisiert, bevor ich überhaupt vor Ort war. Ich stellte allerdings fest, dass ich die meisten dieses Jahr nicht umsetzen konnte. In einem der geplanten Waldstücke wurde etwa erst geholzt, der Wald sah entsprechend nicht mehr schön aus. Dazu kam der strenge Frost und anschliessend der viele Regen und die Unwetter im Sommer. So erging es mir mit einigen Motiven, so dass ich neue suchen musste.

Waren die Motive einmal gefunden: was war ausschlaggebend für deinen fotografischen Stil?

Vor Ort habe ich nach Ordnung im Chaos des Waldes gesucht. Das heisst, dass ich nach einer bestimmten Anordnung und Ausgewogenheit der Stämme im Bild gesucht habe. Danach hiess es die richtige Lichtstimmung, den Nebel oder Regen abzuwarten, um die gewünschte Stimmung einzufangen. Dazu musste ich oft nochmals zu einem späteren Zeitpunkt an den Ort zurückkehren. Denn meine Fotos entstehen vor Ort und nicht zu Hause am Computer.

Der Wald ist ja eines der Hauptmotiv der Kunst- und Fotografiegeschichte. Der Wald, der Heil und Unheil, Hell und Dunkel birgt. Warum diese Faszination für den Wald? 

Wälder gibt es fast überall. In der Schweiz haben nahezu alle Menschen Zugang zu Wald, weshalb es ein zugängliches und vertrautes Motiv ist. Ich würde zudem behaupten, dass sich die meisten Menschen im Wald wohl fühlen. Denn der Wald wirkt sich nicht nur klimatisch, sondern auch psychisch positiv auf den Menschen aus. Trotzdem ist es schwierig in unseren Wirtschaftswäldern Orte zu finden, die noch ursprünglich und entsprechend «fotogen» sind. Auch das Komponieren des Fotos im Wald ist keine einfache Aufgabe. Einen markanten Berg oder einen malerischen Bergsee in Szene zu setzen ist einfach, in einem Wald ein ausgewogenes Foto zu gestalten, ist wesentlich schwieriger. Dieser Herausforderung reizt mich.

Paul Klee sagte einst: «Die Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar». Was ist im Kontext deiner Arbeit unsichtbar, was machst du sichtbar? 

Die wirklich schönen Stellen im Wald sind für die meisten Waldbesucher unsichtbar. Wenn es Wege gibt, gehen die Meisten daran vorbei oder schauen nicht aufmerksam genug hin. Für meine Bilder bleibe ich daher nicht immer auf dem Weg, sondern laufe auch mal die kleinen, fast unsichtbaren Pfade entlang. Mit meinen Bildern möchte ich die Schönheit von unscheinbaren Wäldern sichtbar machen und die Menschen ermutigen, mit offenen Augen durch die Natur vor unserer Haustür zu gehen.

Besonders als Landschaftsfotografen haben wir eine besonders hohe Verantwortung gegenüber der Natur. Du sprichst in diesem Kontext von einem Dilemma. Wie könnten wir dieses Dilemma überwinden? 

Das ist eine schwer zu beantwortende Frage, die ich mir fast jeden Tag stelle. Eine wirklich gute Antwort habe ich noch nicht gefunden. Aber es fängt sicher damit an, dass wir uns selbst verantwortungsvoll gegenüber der Natur verhalten. Manchmal ist es zum Beispiel besser für die Natur, auf ein Bild zu verzichten. Die Natur sollte niemals Schaden nehmen, nur damit wir ein Foto machen können. Ich verzichte wenn möglich auch bewusst darauf, den Ort zu nennen, um ihn vor zu vielen Besuchern zu schützen. Es gibt auch Bilder, die ich gar nie zeige, weil der Ort so sensibel ist.

Wäre es daher essentiell, die Landschaftsfotografie neu zu denken?

Ich weiss nicht, ob die Landschaftsfotografie neu «erfunden» werden muss. Das Bewusstsein und die Suche nach Schönheit in der Natur sind aus meiner Sicht universell und auch nicht abhängig von der Zeit, in der wir leben. So gesehen ist auch die Landschaftsfotografie zeitlos. Sie vermochte und vermag Menschen zu berühren. Doch es schadet nicht, sich auf neue Wege einzulassen und bewusst gängige Pfade zu verlassen. Sei das bei der Motivwahl, beim bewussten Einsatz der Technik oder bei der Herangehensweise an das Bild selbst. Den Trend zu einer immer intensiveren Bildbearbeitung und Bildmanipulation betrachte ich aber eher kritisch.

Warum ist es letztlich relevant, dem Unsichtbaren mehr Beachtung zu schenken? Inwiefern können Fotografen zu eben dieser Sichtbarmachung beitragen?

Indem wir mit unseren Fotos zeigen, wie schön alltägliche Landschaften sein können, schaffen wir ein Bewusstsein für den Wert dieser Landschaften. Dazu gehören auch und besonders unsere heimischen Landschaften der Schweiz. Dies trägt hoffentlich auch zu ihrem Schutz bei und motiviert andere, sich auf eine Landschaft einzulassen und diese stets neu zu betrachten, selbst wenn sie alltäglich scheint.

Was bedeuten für dich als Schweizer Landschaftsfotograf Initiativen wie die Carte Blanche by Fujifilm?

Solche Initiativen sind leider eher selten und umso schöner ist es, wenn eine Firma der Fotografie bzw. einem Fotografen oder einer Fotografin eine solche Möglichkeit bietet und sich die Mühe macht, ein spannendes Projekt wie die Carte Blanche auf die Beine zu stellen. Ich selbst fotografiere eher selten über einen längeren Zeitraum und intensiv an einem Projekt und so hat mich Carte Blanche motiviert, dies einmal zu tun, was sehr spannend war.

Jedes Jahr lädt die CARTE BLANCHE BY FUJIFILM SWITZERLAND ausgewählte Schweizer Fotograf*innen und Fotokünstler*innen, die mit dem Medium Fotografie arbeiten, dazu ein, eine Arbeit zu einem bestimmten Genre der Fotografie umzusetzen. 2021 sind dies drei Schweizer Fotografen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven der Beziehung zwischen Landschaft(en), unseren natürlichen Umgebungen und der Welt der Fotografie und Kunst unter dem Titel THE UNSEEN widmen.

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