Sich in (intakter) Natur aufhalten zu dürfen, ist eine Wohltat für die Seele. Schon in meiner Kindheit betrachtete ich aussergewöhnliche Landschaftsbilder stundenlang und träumte mich dort hin. So wuchs der Wunsch, diese einzigartigen Momente in der Natur selber festhalten zu dürfen. Nicht zuletzt auch, um damit andere Menschen für ihren Schutz zu sensibilisieren.
Zu meinem 16. Geburtstag erhielt ich meine erste Kamera. Der Besuch einer Diashow von Urs Lüthi und Stefan Zwygart (Spuren der Schönheit) hat mich als Teenager so verzaubert, dass ich den Wunsch, vergängliche Schönheit und einzigartige Momente festhalten und zeigen zu dürfen, von da an auch in mir trug. Zudem begeisterte mich der Besuch einer Art Galerie von Thomas Mangelsen in den USA so sehr, dass er dann für viele Jahre zu meinem grossen Vorbild wurde. Seine Bilder von unglaublich schönen Orten, oft noch mit Wildtieren im Foto, faszinieren mich bis heute. Mittlerweile fotografiere ich seit über 20 Jahren mit Schwerpunkt Landschafts – und Naturfotografie, und kann davon leben.
Ich versuche mich mit einer eigenständigen, ästhetischen Bildsprache abzuheben und immer wieder mit neuen, unbekannten Orten oder Perspektiven zu überraschen. Dabei suche ich möglichst ursprüngliche, unberührte und wilde Orte. Mir ist es wichtig, die Natur so zu zeigen, wie sie ist. Keine Verfremdung, keine Bildretusche. Die Realität ist schön genug, wenn man zur rechten Zeit am rechten Ort ist.
In meiner Art der Fotografie geht es darum, das besondere Licht, eine Stimmung und einen einzigartigen Ausschnitt zu suchen und zu finden. Es gilt: zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Das gelingt mit zunehmender Naturkenntnis, genauem Orts,- und Wetterstudium sowie mit einer guten Portion Erfahrung und Bauchgefühl immer besser. Doch die Natur ist und bleibt stets unberechenbar und so braucht es auch das nötige Glück. Das Unberechenbare macht letztlich auch einen Teil dieses Reizes aus. Zudem ist es elementar, seine Werkzeuge wie Kamera oder Bildbearbeitungsprogramme bestens zu beherrschen.
Ein grosses Projekt ist die Multivisionsshow Naturwunder Schweiz, eine Hommage an die Schweizer Naturlandschaft und die darin beheimateten Tier- und Pflanzenarten, die ich zusammen mit dem Naturfotografen Tobias Ryser erstellt habe. Die Kombination von Bild, Film, Musik und Storytelling ist ein wunderbarerer Prozess und hebt die Fotografie auf eine neue Ebene.
Als Landschaftsfotografen haben wir eine besonders hohe Verantwortung gegenüber der Natur. Einerseits wollen wir die Natur schützen und erhalten, andererseits suchen wir stets nach unberührten Orten und lösen damit bei anderen das Bedürfnis aus, selber diese Orte zu besuchen. Das bedeutet, wir können zwar ein Bewusstsein schaffen, tragen aber gleichzeitig auch zu ihrer Zerstörung bei. Das ist ein Dilemma. Dazu kommt, dass das Bewusstsein und die Wertschätzung für ein gutes Bild immer mehr schwindet. Alle möchten schöne Fotos, doch kaum mehr jemand ist bereit, dafür einen fairen Preis zu bezahlen. Davon zu leben wird in Zukunft keinesfalls einfacher.
Ich bin gespannt, ob und wie sich unsere Wahrnehmung verändert, wenn uns immer mehr Fotos begegnen, auf denen beispielsweise der Himmel ausgetauscht oder ein Vollmond eingesetzt wurde. Genügen uns irgendwann Fotos ohne aufwändige Nachbearbeitung und ohne Photoshop-Wow-Effekt nicht mehr? Und können wir Fotografien von realen Landschaften und solchen, die es nicht sind, überhaupt noch unterscheiden? Trotz all dieser Schwierigkeiten bin ich überzeugt, dass die Sehnsucht des Menschen nach Schönheit bleibt und dass entsprechend auch die Landschaftsfotografie ihre Daseinsberechtigung beibehält.
Auch wenn wir in der Schweiz kaum noch sogenannte „unseen Landscapes“ haben, gibt es doch abseits von Pfaden und Wegen weiterhin viele spannende und unbekannte Landschaften. Besonders in einer einzigartigen Stimmung fotografiert, entstehen Bilder, die sinngemäss „unseen“ sind. Für das Carte Blanche-Projekt möchte ich mich auf die Suche nach eben solchen Waldbildern in der ganzen Schweiz machen und wilde Wälder zeigen, wie man sie sonst eher in fremden Ländern vermuten würde.
Jedes Jahr lädt die CARTE BLANCHE BY FUJIFILM ausgewählte Schweizer Fotografen und Fotokünstler, die mit dem Medium Fotografie arbeiten, dazu ein, eine Arbeit zu einem spezifischen Genre der Fotografie umzusetzen. 2021 sind dies drei Schweizer Fotografen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven der Beziehung zwischen Landschaft(en), unseren natürlichen Umgebungen und der Welt der Fotografie und Kunst unter dem Titel THE UNSEEN widmen.
Die Carte Blanche Edition THE UNSEEN von Martin Mägli findest Du hier.
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