Mein Grossvater war und mein Vater ist Fotograf. Bis zu meiner Jugend hat mich die Fotografie jedoch nicht sonderlich interessiert. Durch das Skateboarden fand ich meinen persönlichen Zugang. Ich durfte zum Glück Foto- und Filmkameras von meinem Vater ausleihen. Meine Mutter musste dann schon ein gutes Wort einlegen, nachdem mal einige Sachen geklaut wurden. Danke Mama & Papa!
Meine Freunde und ich waren so immer auf den Strassen unterwegs. Zunächst in Frauenfeld, Winterthur und Zürich. Bald rollten wir von Barcelona bis nach Tokyo. Von Street-Skateboarding zur Street-Fotografie war es dann nur noch ein kleiner Ollie. Glück für mich, denn Skaten konnte ich nie wirklich gut. Mit meinem Studium an der Uni Zürich erweiterte ich meinen Blick mittels Erziehungswissenschaft und Kunstgeschichte. Mitte zwanzig wurde mir dann ein Praktikum in einer Filmproduktion angeboten. Als Produzent von Unterschiedlichen Werbeformaten lernte ich über 10 Jahre viele Fotograf*innen und Regisseur*innen und ihre Arbeiten kennen.
Ich reise gerne und liebe es, mit fremden Menschen, Kulturen und der Natur in Kontakt zu kommen. Doch bei klassischen kurzen Ferien bleiben diese Begegnungen meist oberflächlich. Geografisch ist man zwar weg, aber im Kopf oft nicht – zumindest ich nicht. Deshalb wollte ich länger reisen, wirklich eintauchen und keinen Ballast mitnehmen. Orte und Menschen auf mich wirken lassen. Ihnen die Möglichkeit geben, mich, meine Route und meine Gedanken und Ideen zu beeinflussen. Es ist und bleibt eine Reise ohne festen Plan – das Ungewisse soll nicht nur das Salz in der Suppe sein, sondern die ganze Würze.
Für mich ist es eher so, dass sich aus den Orten, Menschen und Themen immer wieder neue kleine Projekte ergeben. Auf solchen Reisen begegnet man ständig neuen Farben, Mustern und Strukturen. Flora und Fauna sowie verschiedene Lebenswelten und Geschichten geben den jeweiligen Orten eine eigene Visualität und Haptik. Es geht um das Beobachten, sich darauf einlassen und die Kamera nicht mit einer festen Idee oder einem ergebnisorientierten Ansatz, sondern aus Freude in die Hand zu nehmen.
Ich bin mir bewusst, dass ich mit diesem «Von-Aussen-Blick» in die Lebenswelten anderer eintrete. Daher ist mir bei der konkreten Umsetzung, vor allem bei den näheren Portraits, der Respekt gegenüber den Abgebildeten sehr wichtig. Das bedeutet für mich, dass die Interaktion auf der Ebene «Mensch – Mensch» (und nicht «Mensch – Fotograf/Kamera») im Vordergrund steht und jedem Bild vorausgeht. Immer wieder habe ich vor dem Auslösen ein längeres Gespräch mit den Personen. Lerne so, was sie tun, ihre Geschichten, Sorgen und Freuden kennen. Dadurch entsteht für mich eine ganz persönliche Verbindung zu den Bildern, die über das reine Abbild hinausgeht.
Für mich ist es wichtig, ein Tool/Set-up zu haben, mit welchem ich gerne fotografiere. Diese Freude verspüre ich mit der GFX100S II und auch beim Anschauen der Bilder. Es ist ein Set-up, welches für meine Arbeitsweise in den meisten Fällen genau das richtige ist. Ich mag die Kombination aus Reportage und Präzision des Mittelformats. Klar, die Kamera könnte kleiner sein. Mehr Bilder pro Sekunde schiessen. Aber das ist für mich nicht besonders wichtig. Was ich in technischer Hinsicht besonders mag, ist die IS in Kombi mit dem grossen Sensor. Etwas, was analoge Mittelformatkameras nicht haben. Da braucht man schnell ein Stativ. Und ganz ehrlich, Reisen mit Stativ finde ich sehr mühsam. Darum blieb das auch zu Hause.
Ein Jahr reisen, ohne festen Plan – nur mit einem Rucksack und der Kamera. Im Oktober 2024 hängt Pascal, gemeinsam mit seiner Partnerin, den Job an den Nagel, um genau das zu tun. Ihn reizt das Ungewisse, die Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften, die sich nicht in zwei Wochen Ferien packen lassen. Auf dieser Reise soll die Fotografie wieder mehr Raum bekommen – ohne Druck, ohne festes Konzept. Einfach mit der Kamera eintauchen und schauen, was passiert.
«Ich fotografiere nur analog» ist etwa so, als würde dein Automechaniker sagen: «Ich benutze nur einen Schraubenschlüssel.» In der digitalen Online-Welt ist analog King … oder Queen. Und wenn du dem als Fotograf*in nicht zustimmst, so scheint es, hast du keine Ahnung von Fotografie.
Versteh mich nicht falsch – ich liebe die Filmlooks und auch den gesamten Prozess, den die analoge Fotografie mit sich bringt. Eigentlich. Denn manches ist schlicht mühsam und zehrt an meinen Nerven. Auf Reisen gibt es oft Situationen, in denen Film einfach alles komplizierter macht.
Ich war also auf der Suche nach einem Set-up, das mich der Filmfotografie möglichst nahe bringt, ohne mich in meiner Art zu fotografieren einzuschränken. Ich habe so ziemlich jedes System ausprobiert, seit ich jedoch vor ein paar Jahren die ursprüngliche GFX100S ausgeliehen hatte, hat es Klick gemacht.
Ich bin ein grosser Fan des Dynamikumfangs, des sanften Highlight-Roll-offs und der Farbwiedergabe dieses Sensors – für mich die entscheidenden Zutaten, um analoge Looks authentisch zu reproduzieren. In Capture One brauche ich dann dank RNI nur ein paar Klicks, bis das Bild genauso aussieht, wie ich es mir vorstelle. Natürlich gibt es Leute, die eine Reise wie diese auch mit analogen Mittelformatkameras machen würden – und das ist grossartig! Ich jedoch bin einfach mega happy, die GFX dabei zu haben.
Vor der Reise habe ich mich lange mit dem Thema Equipment beschäftigt. Lange habe ich mit der Frage gerungen, ob ich mein analoges Equipment mitnehmen soll oder nicht. Auf den kürzeren Urlauben waren immer zwei analoge Kameras und Film mit dabei. Doch je intensiver man mit dem Medium arbeitet, desto schneller erkennt man die Nachteile. Vor meinen Augen hatte ich bereits Bilder von Security-Personal an kleinen Flughäfen in Afrika, wie sie darauf bestehen, Filme durch ihre alten Sicherheits-Scanner zu jagen. Oder ich stellte mir vor, wie ich Filmrollen irgendwo vergesse, sie nass werden oder ein Labor die Entwicklung vermasselt. Noch jetzt bekomme ich Schweissausbrüche, wenn ich daran denke. Ich wollte also eine Alternative finden, die mir das vertraute Gefühl der Filmfotografie gibt, ohne die Risiken und den Aufwand. Vor allem wollte ich nicht Stunden am Computer mit der Bearbeitung verbringen. Das Thema analog vs. digital füllt Hunderte von Foren und Webseiten. Ebenso zahlreich sind die Meinungen dazu. Für mich ist diese Kombination diejenige, die mich bisher Filmrollen noch nie wirklich hat vermissen lassen. Ach ja, das Packmass war natürlich auch entscheidend: ein Body, zwei Linsen, ein Blitz und diverses Zubehör wie Kabel und Festplatten – alles passt in einen Cube – und ins Handgepäck. Ziemlich cool, so mit Mittelformat reisen zu können.
Foto & Text: Pascal Duschletta
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