Die Erfindung der Fotografie definierte den Moment und das Flüchtige an ihm neu. Sie versprach, Augenblicke festzuhalten, damit wir sie über den Augenblick hinaus betrachten können. So sagte Richard Avedon:
Siddhartha Bararbosa & Unterwasserfilmer Hallvard Kollveit sind bereit für das eisige Wasser
XF16-55mm 2.8 R LM
Der Moment wird nicht erst durch die Fotografie artikuliert. Der Lebensausschnitt avanciert jedoch durch seine Fixierung zur Stütze unsere Erinnerung.
Wir erleben Momente und schaffen Erinnerungen. Die zwei Begriffe sind unweigerlich miteinander verbunden. Der Umfang und Tiefgang dieses reziproken Verhältnisses definiert sich unter anderem durch die Art und Weise des Erlebens. Sehr vereinfacht kann gesagt werden: Je emotionaler wir Momente erleben, desto lebendiger und langfristiger ist unsere Erinnerung daran.
Wenn Siddhi verreist, möchte er in erster Linie diese bleibenden Erinnerungen sammeln. Klar sucht er auf seinen Reisen nach den besten Wellen. Aber ihm geht es um mehr. Dieses Mindset war schlussendlich Fundament für diesen Trip und das damit Zusammenhängende Filmprojekt auf den Lofoten. Wir wollten keinen Surftrip und keinen Surffilm machen. Wir planten vieles, wollten aber genug Zeit haben, die Natur und ihre Elemente auf uns wirken zu lassen. Um die Umgebung und die darin stattfindenden Geschichten mit bleibenden Erinnerungen zu verknüpfen.

Ob auf Reisen oder im Alltag, die Omnipräsenz der Kamera mit dem oft daraus resultierenden Zwang, alles und jeden Moment festzuhalten minimiert sukzessiv die Intensität des Erlebten und schafft so Berge von Daten, zu welchem jedoch die Erinnerungen fehlen. Unser Leben scheint sich in Posen und Kompositionen abzuspielen. Die Allgegenwärtigkeit der Aufzeichnung zwingt uns in die Position des «Reagierens» auf die Kamera. Die Linse begegnet der Erinnerung als Dolch. Jedes Auslösen wirkt wie ein weiterer Stich, welcher die Erinnerung schlussendlich zum Erliegen bringt.
Diese penetrante Art von Fotografie stört mich. Sie stört mich, weil sie mich und anderer, sei es ungefragt oder selbstverschuldet der Erinnerungen beraubt. Platz einnimmt, ohne diesen mit Inhalt zu füllen. Sie huldigt nicht dem, sondern jedem Moment. – Und eigentlich huldigt sie auch nur sich selbst. Um es in Walter Benjamins Vokabular zu sagen: Diese Fotografie stiehlt uns unsere Aura.
Dieser Situation sind wir jedoch nicht hilflos ausgesetzt. Machen wir doch die Fotografie zu dem, was sie ist.

Für unseren Trip auf die Lofoten wollte ich dementsprechend eine Kamera packen, die Erinnerungen zurückbringt. Das Wort «Behind-The-Scenes» macht es deutlich, welche Funktion die Fotografie hier haben sollte. So entschied ich mich für die XT4 mit etwas Glas. Die Kamera war in diesen 10 Tagen stets umgehängt, aber störte nie mit ihrer Präsenz. Es ging nicht um meine Fotos, es ging darum, diesen Film zu realisieren.

Wettervorhersage auf den Lofoten Anfang März: Wetter. Regen, Schnee, Sturm und Sonne gaben sich im Tagesverlauf mehrmals die Klinke in die Hand. An den Surfspots kam dann jeweils noch der nasse Meereswind hinzu, welcher uns eher garstig begrüsste. Kein Problem für Kamera und Linsen. Die fühlten sich pudelwohl. Auch Siddhi hat allen Umständen getrotzt. Als hätte er nie was anderes gemacht. Ausser im Moment, wo der Local Unterwasserfilmer meinte:
„Here is a famous spot for Orcas. When they pull you, they just want to play.“
Während unserem Drehfenster Anfang März waren die Tage ca. 9h45 lang. Die Sonne stand jedoch immer sehr tief und war zu keinem Zeitpunkt wirklich intensiv. Das natürliche Korn bei den Fujifilm Kameras verleiht Bildern auch bei 6400 eher Charme und Charakter als Rauschen. Die Kamera in der Kälte mit Handschuhen zu bedienen, war ehrlich gesagt etwas tricky. Da gibt es sicher bessere Kandidaten im Lineup.

Weil Fujifilm zudem ein fantastisches Color-Management hat, schiesse ich, wenn immer es geht, JPGs. Diese gingen auf meine langsame SD Karte. Die schnellere verarbeitete meine RAWs. Zweiteres öffne ich fast nie, da mir erstens die Bearbeitung von Bildern etwas fremd ist (= ich kanns nicht), und weil ich lieber Zeit draussen verbringe als vor dem Computer.

Auf dem Back Up sind schlussendlich 35 GB an Fotos gelandet. Ohne unser Hinschauen sind es seelenlose Nullen und Einsen. Das Foto, der Abzug oder die Datei einer Fotografie ist nichts, ohne unsere Retrospektive. Fehlt ihr die Erinnerung, welche sie zu stützen scheint, kollabiert sie in sich selbst. Ohne physisch vernichtet zu werden, wird sie Opfer unserer und somit ihrer Hypomnesie. Sie wird: Inexistent. Nicht der Moment macht die Fotografie zu dem, was sie ist, sondern unsere Erinnerung daran.
Foto & Text : Pascal Duschletta – Tasty Pictures
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