Ist die GFX 50SII das wert? Das war die Frage, die mich nach mehr als 30 Jahren mit Canon monatelang beschäftigte. Ich traf die Entscheidung, nachdem ich mir die Dateien der alten GFX50S eines Freundes angesehen hatte. Ich war sehr beeindruckt von der wunderbaren Bildqualität, so dass ich keine Minute darüber nachdachte und die neue GFX 50S II für mein Projekt in Costa Rica kaufte.

Während der Abriegelung hiess es, dass sich die Natur ihren Raum zurückholt, aber das war nicht wirklich der Fall! Mit der Covid-19-Pandemie hat die Kontrolle über die Naturgebiete abgenommen und Wilderei und Schmuggel haben exponentiell zugenommen. Wir werden ständig mit Bildern und visuellen Reizen aller Art bombardiert, was uns für das Problem unempfindlich machen kann. Um die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, brauchte ich also ein ansprechendes und originelles Konzept.
Das erste Land, welches ich für dieses Projekt auswählte, war Costa Rica. Das Land schaffte es nach extremer Landverödung und Ausbeutung seit den 1980er Jahren eine Kehrtwende zu vollziehen und ist zu einem weltweiten Vorbild für die Erhaltung der biologischen Vielfalt geworden.
In diesem Projekt wurden die Rollen getauscht: Die Wilderer und Schmuggler werden ihrerseits zur Beute. Wir sind alle zu Gast auf diesem Planeten und haben alle das Anrecht hier zu sein und gleichermassen von dessen Reichtum zu profitieren. Leider tötet und zerstört der Mensch oft nicht aus echter Not, sondern aus sinnlosen Gründen, die dann das gesamte Ökosystem des Planeten belasten. Der «gefangene» Mensch als symbolischisches Bild der Menschheit, die sich zunehmend von der Natur entfernt, mit der sie für das Überleben des Planeten wieder in Einklang gebracht werden muss.
Die Umsetzung meiner Idee war wetterbedingt nicht ganz einfach: Sobald der Aufbau der Masken abgeschlossen war, musste ich den richtigen Moment abwarten, um die gewünschten Motive zwischen den Regenschauern aufnehmen zu können.








Ich musste also, trotz meiner schrecklichen Angst vor Giftschlangen, möglichst schnell den richtigen Standort finden, den Blitz aufstellen, die Modelle positionieren, fotografieren und das alles bevor der Regen wieder einsetzte. Dabei machte ich auch Bekanntschaft mit Blattschneiderameisen. Sie klebten überall, von meinen Schuhen bis zur Kameratasche. Es war nicht leicht, sie wieder loszuwerden. Doch auch bei schlechtem Wetter und Dunkelheit im Regenwald, liess mich mein Equipment nicht im stich. Ich hatte dank des grossen Sensors, einem exzellenten Dynamikumfang in Kombination mit der Schärfe des GF 32-64-mm-Objektivs, alles was ich brauchte.
Die GFX50SII ist die erste digitale Mittelformatkamera, die ich in den Händen hielt. Anfangs war ich sehr besorgt, weil es keine gute Idee ist, an einem Projekt zu arbeiten, ohne die Kamera jemals ausprobiert zu haben. Aber vom ersten Moment an habe ich mich wohlgefühlt. Als ich die neue GFX50SII in die Hand nahm, hatte ich keine Anpassungsschwierigkeiten, denn dank des ergonomischen Designs und des geringen Gewichts (104,2 mm x 87,2 mm – 900 g) hatte ich das Gefühl, eine normale Vollformatkamera zu benutzen. Die Benutzerfreundlichkeit und die Menüführung sind einfach, schnell und intuitiv.
Der native ISO-Bereich liegt zwischen 100-12.800. Die Bildqualität der GFX 50S II ist auch bei ISO 1600 und ISO 3200 noch sehr detailliert und das sichtbare Rauschen ist feinkörnig und gleichmässig. Bei diesem Projekt habe ich die ISO-Werte mit Hilfe des Stativs niedrig gehalten, um Unschärfe zu vermeiden. Das Ergebnis sind sehr scharfe Bilder mit satten Farben und ausgezeichneter Tonalität.
Die GFX 50S II bietet zudem zahlreiche Farb- und Schwarzweissfilmsimulationen, wobei die Velvia-Filmsimulation mein Favorit ist, denn ich liebe Farben in meinen Bildern. Für das Costa Rica-Projekt habe ich die Bilder absichtlich entsättigt, um eine mystische und surreale Atmosphäre zu schaffen.
Die Augen sind in der Porträtfotografie von entscheidender Bedeutung, und die präzise Augen-/Gesichtserkennung stellt einen bedeutenden technologischen Sprung dar. Während meiner Arbeit stellten sich die Augen/Gesichter meines Motivs selbst bei schwachem Licht automatisch scharf.
Ich mag den grossen LCD-Bildschirm auf der Rückseite, aber auch das zweite Display an der Oberseite der GFX 50S II, ein grosses, anpassbares E-Ink-Informationsdisplay, ist sehr hilfreich. Über dieses Display habe ich alle wichtigen Aufnahmeparameter unter Kontrolle und kann die angezeigten Informationen über das Menü / Setup / Bildschirmeinstellungen / Einstellungen für den Sekundärmonitor individuell anpassen.
Die Funktionstasten sind programmierbar, gut positioniert und leicht zu erreichen. Ich konnte verschiedene Funktionen wie Weissabgleich, ISO, Filmsimulation, Fokusbereich, Fokusmodus, Belichtungskorrektur, Bildqualität, Belichtungsreihen, Belichtungsmessung, Bildstabilisierung, Selbstauslöser, AE/AF-Sperre usw. zuweisen. Ein weiterer Aspekt, den ich sehr schätze, ist das Q-Menü. Es lässt sich mit bis zu 12 Einstellungen auch individuell anpassen.

Eines meiner bisherigen Lieblingsobjektive ist das Fujinon GF 32-64 f/4. Es ist ein so vielseitiges Objektiv, dass ich es von Landschaften bis hin zu Porträts einsetzen kann. Die robuste und exzellente Verarbeitungsqualität und die Wetterresistenz waren in Costa Rica perfekt. Der Zoom-Mechanismus ist sehr leichtgängig, der Autofokus arbeitet schnell und leise. Der Kontrast und die Farben des Bildes sind gut, und die Schärfe ist beeindruckend mit vielen feinen Details und sehr geringem Rauschen.
Die Wetterbedingungen, die ich in Costa Rica vorgefunden habe, haben nicht nur mich, sondern auch mein Equipment auf die Probe gestellt. Die tropischen Regengüsse und die hohe Luftfeuchtigkeit sind die frustrierendsten Situationen, die ich erlebt habe. Beschlagene Linsen sind ein Albtraum!

Die GFX 50SII hat, auch dank des wetterfesten Gehäuses aus einer Magnesiumlegierung, gut reagiert und mich nicht am Fotografieren gehindert. Um auf Nummer sicher zu gehen, habe ich jedoch einige Tricks angewandt, um die Kamera weiter zu schützen:

Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Vorteile des Wechsels von der DSRL- zur Mittelformatkamera die Gesamtqualität meiner Arbeit als Portrait- und Landschaftsfotografin positiv beeinflusst haben.
Foto & Text: Alessandra Meniconzi
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