04.09.24 zurück

Brauchtum & Tradition – mit der GFX100 II und Remo Buess

Remo Buess ist ein erfahrener Porträt- und Reportagefotograf, der seine Leidenschaft für Traditionen in der Schweiz mit seiner Kamera einfängt. Beim diesjährigen Trachtenfestival in Zürich setzte er genau das um. Uns interessierte, wie er sich auf solch ein Projekt vorbereitet, welche Herausforderungen es dabei gibt und welche Eindrücke er gesammelt hat. In einem Interview gibt uns Remo spannende Einblicke in seine Arbeitsweise und erzählt von den besonderen Momenten hinter den Kulissen.
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Remo Buess

Mein Name ist Remo Buess und ich bin auf Porträt- und Reportagefotografie spezialisiert. Bevor ich meine fotografische Laufbahn einschlug, arbeitete ich als Polizist bei der Kriminalpolizei. Was mich dabei besonders faszinierte, waren weniger die Mugshots oder Tatortbilder, sondern vielmehr der Umgang mit den verschiedenen Persönlichkeiten und anspruchsvollen Situationen. Diese Erfahrungen helfen mir heute als Fotograf, stets dafür zu sorgen, dass sich die Menschen vor meiner Kamera wohlfühlen. Ob Bankdirektor, Bauarbeiter oder Berühmtheit, mein Ziel ist es, die Geschichte hinter dem Gesicht einzufangen und zeitlose Bilder zu schaffen. Meine Leidenschaft für die Fotografie setze ich nicht nur bei der Arbeit im Studio in Olten ein. Als Mitbegründer und Co-Direktor des Internationalen Fotofestivals Olten (IPFO) und dem Haus der Fotografie teile ich sie auch mit einem breiten Publikum.


Wo hattest Du Deinen ersten Berührungspunkt mit Schweizer Brauchtum? Was fasziniert Dich daran? Welche Erwartungen hattest Du an dieses Projekt?

Ich bin in einem Dorf im Kanton Solothurn aufgewachsen, wo Traditionen wie Jodlervereine, Unterhaltungsabende im Turnverein und der Kleintierzuchtverein fest verankert sind. Ich war selbst in verschiedenen Vereinen aktiv, unter anderem im Turnverein und Pontonierverein, aber auch in der Segelfluggruppe. Es waren sehr schöne Zeiten mit vielen Begegnungen. Diese Erfahrungen haben meine Sicht auf gelebtes Brauchtum in der Schweiz geprägt.

2018 wurde ich gefragt, ob ich die Volkstanzgala in Solothurn fotografieren könnte. Ich stimmte zu, unter der Bedingung, dass ich formale Porträts der Teilnehmer erstellen darf. So entstand die erste Serie in diesem Bereich, die ich kontinuierlich ausbauen möchte. Seither gehe ich immer wieder an verschiedene Anlässe und fotografiere die Besuchenden im Porträtformat. Für das Trachtenfestival in Zürich wurde ich vom OK angefragt, ob ich dort ein Studio aufstellen möchte. Da musste ich nicht lange überlegen und sagte zu. Mein Ziel war es, die Vielfalt der Trachten und ihre Träger in einem neutralen Umfeld einzufangen, um den Fokus ganz auf die Menschen und ihre traditionellen Kleider zu lenken.

0153 by RemoBuess
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Wie bereitest Du Dich auf so ein Projekt vor? Welche Überlegungen machst Du Dir im Vorfeld?

Am Anfang eines solchen Projekts steht immer eine intensive Recherche. Ich schaue, was es bereits in diesem Bereich gibt, um dann nach Möglichkeit etwas Neues und Einzigartiges zu schaffen. Mir ist es wichtig, das Setup so einfach wie möglich zu halten, damit das Hauptaugenmerk auf der Person vor der Kamera liegt und nicht auf einem komplizierten Lichtaufbau. Bei den aufwendigen Trachten möchte ich bewusst nicht zu viel Drumherum haben, damit die Kleidung und die Personen im Mittelpunkt stehen.

Eine Herausforderung bei der Vorbereitung war die Ungewissheit, wie viele Personen ins Studio kommen würden, da das Shooting am Hauptbahnhof Zürich stattfand. Ich rechnete mit einer hohen Teilnehmerzahl, plante entsprechend und stellte ein gut organisiertes Team zusammen. Mein Assistent Torsten war ebenso eine grosse Unterstützung wie Valeria und Alessia, welche die Daten der Personen, die sich fotografieren lassen wollten, erfassten. So hatten wir einen strukturierten Ablauf und ich wusste immer, wer zu welchem Bild gehört.

Anstehen für Foto by Thosam Kutschera

Wie sieht so ein Setup auf einem Trachtenfestival aus?

Ich hatte drei handgemalte Hintergründe dabei: zwei graue für eine Eckgestaltung und einen hellgrauen, um etwas Abwechslung in die Bilder zu bringen. Für die Beleuchtung nutzte ich Equipment von Elinchrom: ein Grundlicht für beide Sets und einen Blitz mit einer 135er Softbox. Dadurch konnte ich flexibel arbeiten, ohne das Set ständig umbauen zu müssen. Als Kamera verwendete ich hauptsächlich die FUJIFILM GFX100 II mit einem FUJINON GF55mm– und einem GF80mm-Objektiv. Das 55mm-Objektiv übernahm jedoch die meiste Arbeit, da es mir den nötigen Spielraum bot. Die Fotos wurden direkt auf meinen Computer übertragen, was den Workflow effizienter machte. Zusätzlich nutzte ich meine FUJIFILM X-H2 als Zweitkamera für Videoporträts, was ich allerdings wegen des grossen Andrangs nicht vertiefen konnte. Beim nächsten Mal nehme ich dafür definitiv ein separates Set und einen Filmer mit.

Konntest Du Dein Projekt so umsetzen, wie Du es dir erhofft hattest? Wo gab es Schwierigkeiten und wie hast Du diese gelöst?

Absolut! Ich konnte eine erstaunliche Vielfalt an Trachten fotografieren und war beeindruckt davon, wie viele Trachten es in der Schweiz gibt, sowohl regional als auch kantonal. Eine der grössten Herausforderungen war die Vielzahl an Menschen, die vor meine Kamera treten wollten. Viele posierten automatisch und lächelten in die Kamera, aber ich wollte tiefgründige Porträts erstellen. Dafür waren manchmal kleine Anweisungen notwendig, um die gewünschte Tiefe und Authentizität zu erreichen. Es war eine tolle Arbeit, aber auch sehr anstrengend, jeder Person gerecht zu werden. Mein Team hatte ebenso ein paar Herausforderungen zu meistern. Die Menschenschlange vor meinem Studio wollte einfach nicht kürzer werden. Es gab Zeiten, in denen wir stundenlang ohne Pause fotografiert haben. Gemeinsam haben wir es aber geschafft, beeindruckende Ergebnisse zu erzielen.

Wie haben die Besucher:innen des Festivals Dein Studio wahrgenommen? War es schwer, sie vor die Kamera zu bekommen? Wie gehst Du auf die Leute zu?

Wir mussten uns keinerlei Sorgen machen, ob genügend Leute ins Studio kommen würden. Es sprach sich schnell herum, dass bei mir Fotos gemacht werden konnten, und so fanden viele Besucherinnen und Besucher des Trachtenfestivals ihren Weg vor meine Kamera. Um die Menschen und ihre Trachtenkleidung optimal in Szene zu setzen, überlegte ich mir bei jeder Person, wie ich sie am besten positioniere – stehend oder sitzen. Je nach Tracht musste ich dies schnell einordnen können, denn alle Teilnehmer:innen sollten ein schönes Foto als Erinnerung mit nach Hause nehmen können. Hilfreich war auch, auf dem Tablet oder Smartphone bereits erstellte Bilder zu zeigen, um den Menschen einen Eindruck davon zu geben, wie ihre Fotos aussehen würden.

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Gibt es eine lustige Anekdote aus diesen drei Tagen, die Dir in Erinnerung geblieben ist?

Ja, eine etwas ältere Dame schaute sich das Bild an, welches ich von ihr gemacht hatte, und sagte: «Das ist aber jetzt mal ein sehr schönes Bild von mir. Sie müssen eine super Kamera haben!»

Auswahl der entstandenen Bilder

Fotos & Text: Remo Buess
mehr Eindrücke von seinem Projekt «Brauchtum & Tradition» findest Du hier: Brauchtum und Traditionen — REMO BUESS

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