
In meinen fotografischen Anfängen hat es mich früh in die Berge gezogen. Auf den unzähligen Touren prägte mich, wie der Klimawandel die Natur und unseren Lebensraum verändert. Seitdem beschäftige ich mich visuell mit Fragen über das Zusammenspiel von Gesellschaft und Natur. Diese Geschichten erzähle ich als Fotograf und Filmemacher in persönlichen Projekten sowie in Zusammenarbeit mit verschiedenen Unternehmen, NGOs und Zeitungen.
Ich habe viel Erfahrung in den Bergen, doch anspruchsvolle Hochtouren sind für mich immer wieder eine Überwindung. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, für dieses Projekt einen Bergführer zu Rate zu ziehen. Mit einem Bergführer oder einer Bergführerin in die Berge zu gehen, hat den Vorteil, dass ich mich während der Tour auf das Fotografieren fokussieren kann. Wir haben lange nach einer Tour gesucht, die abgelegen ist und wenig begangen wird, aber auch fotografisch interessant ist. Ich kannte Tim Marklowski von früheren Zusammenarbeiten und vertraute ihm, dass er mich sicher durch diese raue Gegend führen kann.

Ich bin mir nicht sicher, ob alles reibungslos verlaufen wird, sowohl hinsichtlich der äusseren Bedingungen als auch meiner physischen Verfassung. Die geplante Tour ist durchaus anspruchsvoll und zusätzlich muss ich beeindruckende Bilder machen. Wir hatten im Voraus beschlossen, einfach hinzugehen und zu sehen, ob’s klappt. Falls wir die Tour abbrechen müssen, ist das keineswegs tragisch.

Das Fletschhorn gehört mit 3’986 Metern nicht zu den 4000er Bergen, wodurch es wenig begangen wird. Zudem unterstreicht die Übernachtung in einem rustikalen Biwak den Charakter der Gegend. Die Route über die Nordwand war die Idee von Bergführer Tim. Ich hatte dabei eher ein mulmiges Gefühl, doch wollte mich herausfordern und es versuchen. Die Verhältnisse für eine Besteigung der Nordwand müssen stimmen, weshalb die Route Anfang Sommer, wenn noch Schnee in der Wand liegt, begangen wird. In der Nacht muss die Wand einfrieren, damit die Tritte im Schnee halten.
Die Route begann bei der Posthaltestelle vor Simplon Dorf und führte uns über 1’400 Höhenmeter in gut fünf Stunden über ein wildes Tal hoch zum Bivacco de Zen. Am nächsten Tag ging es um vier Uhr in der Früh los und wir stiegen über die 40 bis 55 Grad steile Nordwand weitere 880 Höhenmeter hinauf bis zum Gipfel des Fletschhorns. Für den Abstieg zum Biwak wählten wir den Breitloibgrat und wanderten schliesslich wieder zurück ins Tal. Wir waren am Tag der Gipfelbesteigung gut 12 Stunden unterwegs.

Im Gepäck war die Fujifilm X-H2 mit den Objektiven 10–24mm f4, 23mm f2 und 55–200mm. Das Tele habe ich für den Aufstieg im Biwak gelassen. Für die Route waren zwei Eisgeräte und die übliche Hochtourenausrüstung notwendig. Das Gewicht spielt eine wesentliche Rolle und so haben wir nur das Notwendigste mitgenommen.
Ich habe mit der Filmsimulation PRO Neg. Std fotografiert, doch schlussendlich die Raws genommen, da es während der Tour schwierig war, immer die gewünschte Belichtung zu treffen. Ich fand die entsättigten und weichen Farben dieser Filmsimulation interessant. Die Filmsimulation habe ich nachträglich in Capture One eingestellt, die Bilder ein wenig bearbeitet und bei gewissen Fotografien ein «silberreiches» Rauschen hinzugefügt.



Die Berge sind für mich immer wieder ein grosses Übungsfeld dafür, einen Weg zu gehen und nicht zu wissen, wohin er mich führen wird. Bei Abenteuern wie diesem relativieren sich viele Alltagssorgen. Es ist eine Chance, die eigenen Grenzen zu erforschen.

Die Gegend rund um das Fletschhorn verspricht eine einmalig unberührte und wilde Landschaft. Ich will eine Serie fotografieren, welche die verschiedenen Aspekte einer solchen Tour erzählt und dabei nicht nur die Höhenpunkte zeigt, sondern auch die Unsicherheiten und Ängste. Die Serie soll möglichst roh und unverstellt sein. Genaue Vorstellungen davon, wie die Motive ausfallen werden, habe ich nicht. Was dabei fotografisch herauskommt, ist offen.

Die Landschaft an sich war mein persönliches Highlight. Die wolkenverhangenen Berge und der Nebel, der immer wieder kommt und geht, haben mich fasziniert. Es war ein eigenartiges Gefühl, da oben zu sein, als würde ich nicht in diese raue Gegend hingehören. Es war ein Privileg für mich, dagewesen zu sein.
Am Abend hat das Wetter zugezogen und es begann sogar zu regnen. Eine mögliche Durchsteigung der Wand wurde immer unsicherer. Ausserdem mussten wir Schnee schmelzen, um genügend Wasser zu haben, doch unser Kocher versagte in der Kälte. Tim musste daraufhin ein von Steinschlag exponiertes Schneefeld queren, um an einen Bach zu gelangen.

Die Durchsteigung hat dann trotzdem gut funktioniert und die Verhältnisse waren überraschend gut. Im unteren Abschnitt mussten wir schnell vorwärtskommen, bevor die Sonne auf die Wand trifft und weiter oben Steine löst. Das hat mir schon einiges abverlangt. Ich konnte mich nur auf die Route konzentrieren, viel Zeit und Energie fürs Fotografieren blieb da nicht.
Der Abstieg über den Breitloibgrat war nicht gespurt und mittlerweile war auch der Schnee aufgetaut und weich. Die Sonne brannte herunter und durch den Tiefschnee zu stapfen, beanspruchte viel Konzentration und Energie. Ausserdem klemmte sich Tim im Abstieg seine Hand bei einem losen Stein ein, wodurch sie beängstigend gross anschwoll. Später stellte sich heraus, dass er sich die Hand gebrochen hatte.
Die Bilder sind überraschend gut ausgefallen, obwohl ich mich kaum auf das Fotografieren konzentrieren konnte. Die Kamera hat in dieser Hinsicht hervorragend funktioniert, da sie mich nicht daran gehindert hat, die Aufnahmen zu machen und ich mich dem Moment hingeben konnte. Ich schätze die Kompaktheit der Kamera, gepaart mit einem hochauflösenden Sensor. Die X-H2 hat sich als die ideale Kamera für Hochtouren herausgestellt.

Das Objektiv 10–24mm f4 eignete sich sehr gut für Weitwinkelaufnahmen in der Wand, während das 23mm f2 perfekt für die Reportageaufnahmen während der Tour und in der Hütte waren. Eine offene Blende ermöglichte Bilder aus der Hand in der blauen Stunde, bevor die Sonne aufgeht. Das 23-mm-Objektiv ist eine enorm vielfältig einsetzbare Brennweite und mit dem 55–200mm gelangen ausgezeichnete Aufnahmen von abstrakten Details in der Landschaft.

Die Auswahl vom Gear war absolut die richtige, besonders das kompakte 23-mm-Objektiv war grossartig. In der Wand war das weitwinklige 10–24-mm-Objektiv praktisch. Eine Überlegung hätte sein können, das Tele-Objektiv zuhause zu lassen, da die Serie als Reportage angelegt war und weniger, um Landschaftsbilder zu machen.
Ob ich in nächster Zeit wieder eine Nordwand besteigen werde, bleibt jedoch noch unsicher. Mir wurde erst im Nachhinein bewusst, was wir geleistet haben und was das für ein einzigartiges Erlebnis war, eine solche Tour zu machen.












Fotos & Text: Niklas Eschenmoser
Bergführer: Tim Marklowski
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